Nach Kuba besucht der US-Präsident Argentinien – pünktlich zum 40. Jahrestag des Militärputsches

Von Christian Stache, Buenos Aires
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»Obama raus!« Protest gegen den Besuch des US-Präsidenten am vergangenen Dienstag in Buenos Aires

Nach seinem Aufenthalt in Havanna besucht US-Präsident Barack Obama ab dem morgigen Dienstag Argentinien. Es ist seit knapp zwei Jahrzehnten die erste offizielle Visite eines Staatschefs aus Washington, zwischenzeitlich hatte nur George W. Bush 2005 am Amerika-Gipfel in Mar del Plata teilgenommen.

Auf Obamas Programm steht zunächst ein Treffen mit seinem Amtskollegen Mauricio Macri, mit dem er nach Angaben der US-Botschaft in Buenos Aires über die »Reform­agenda« der neuen argentinischen Regierung, Fragen der Sicherheit, den Handel und Investitionen am Río de la Plata sprechen will. Anschließend zieht der US-Präsident mit seiner Familie in den Ferienort Bariloche weiter.

Während Obama Urlaub macht, werden in der argentinischen Hauptstadt Dutzende Menschenrechts- und Opferorganisationen, linke Parteien und kritische Intellektuelle zum »Nationalen Gedenktag für Wahrheit und Gerechtigkeit« auf die Straße gehen. Anlass ist der 40. Jahrestag des letzten Militärputsches in Argentinien am 24. März. Zwei Demonstrationen werden zur Plaza de Mayo direkt vor dem Präsidentenpalast »Casa Rosada« in Buenos Aires ziehen, um dort an die Verbrechen der Militärdiktatur zu erinnern und der Opfer zu gedenken.

Unter den Organisatoren löste die Besuchsankündigung des US-Präsidenten Empörung aus. Der argentinische Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel erinnerte Obama in einem offenen Brief daran, dass er nicht zu »irgendeinem beliebigen Zeitpunkt« nach Argentinien reise. Letzterer reagierte, indem er das geplante Protokoll mehrfach ändern ließ. Zuerst hieß es, der Staatschef werde am Gedenktag nicht mehr in Buenos Aires sein. Inzwischen erklärte der Direktor des Nationalen Sicherheitsrats für die Westliche Hemisphäre, Mark Feierstein, jedoch, der Präsident werde »die Opfer des schmutzigen Kriegs ehren«. Feierstein ließ aber offen, wie und wo dies geschehen soll.

Die Kritik an der Visite beschränkt sich jedoch nicht nur auf das Timing. Die Präsidentin der Opferorganisation Mütter der Plaza de Mayo, Hebe de Bonafini, forderte, dass man den »schäbigen Typen« Obama »mit Verachtung« empfangen müsse, »weil sein Land auf der ganzen Welt interveniert und ganze Völker ausradiert«. Die Argentinische Liga für Menschenrechte verglich den Besuch des US-Staatschefs mit der Visite eines »Konsuls des imperialen Roms«, der dabei sei, die volle Kontrolle über seine entfernte Provinz wiederherzustellen. Die trotzkistische Arbeiterpartei (PO) schrieb, der »wichtigste Exponent des Imperialismus« komme nach Argentinien, um Präsident Macri in einer »prekären politischen Situation« den Rücken zu stärken.

Es ist kein Zufall, dass, abgesehen vom Regierungslager, die Reaktionen auf den hohen Besuch überwiegend ablehnend ausfallen. Als im März 1976 argentinische Militärs unter der Führung von General Jorge Rafael Videla die damalige Präsidentin »Isabel« Perón absetzten, wurde der Putsch nicht nur vom argentinischen Unternehmerverband unterstützt. Auch die US-Administration förderte im Rahmen ihrer »Nationalen Sicherheitsdoktrin« wie in zahlreichen anderen Ländern Südamerikas den Staatsstreich. Ähnlich wie in Chile ab 1973 wurde die argentinische Wirtschaft für ausländische Konzerne und Banken geöffnet, die sozialstaatlichen Elemente des Staates wurden zerschlagen. .

Bis 1983 regierten vier Militärjuntas das Land mit eiserner Hand. Neben der Suspendierung vieler politischer und gewerkschaftlicher Rechte setzten sie auf die Strategie des schmutzigen Kriegs gegen die Opposition, wie sie mit den Vereinigten Staaten und anderen Militärregimen Südamerikas im Rahmen der »Operation Kondor« vereinbart worden war. Der Staatsterror richtete sich insbesondere gegen die organisierte Arbeiterbewegung, linke Parteien und die Studentenbewegung. Paramilitärs und Polizeieinheiten entführten Oppositionelle, inhaftierten sie in Geheimgefängnissen und folterten sie dort. Menschenrechtsorganisationen und Angehörige der Opfer sprechen von insgesamt 30.000 »Verschwundenen«.